[Hessen und Drumherum] Um die nachfolgenden Meldungen zu verstehen, sollte man vorab drei Fakten wissen. 1. Dass ein "günstiger Erhaltungszustand" im europäischen Naturschutzrecht heißt, Der-Die-Das ist gesund, ausreichend vorhanden und nicht vom Aussterben bedroht. 2. Dass ein Land selbst nichts fordert, sondern es wenn-schon-denn-schon die Obrigkeit bzw. die zuständigen Ministerien tun. Und 3. dass wir (wie alle anderen Mitgliedstaaten auch) alle sechs Jahre der Europäischen Kommission Bericht erstatten müssen, wie wir beim Naturschutz dastehen. Dazu gehören nicht nur Wölfe!
Deutschland hat Nachholbedarf
Laut letztem FFH-Bericht im Jahr 2019 wurden nur 30 % unserer Lebensräume und lediglich 25 % der Arten als „günstig erhalten“ bewertet. Mau sieht es zum Beispiel aus bei Grünland, Mooren, Binnengewässern und Küstenlebensräumen. Und in puncto strenge Schutzgebiete ist Deutschland fast Schlusslicht.
Unser Biodiversitätsschutz zeigt einen ziemlichen Rückstand bei Insekten und Pflanzen: 70 % der bewerteten Insektenarten sind in ungünstigem Zustand.
Fazit: Die Qualität und Effektivität vieler Gebiete ist unsicher, da es an besonderen Schutzmaßnahmen, Managementplänen und finanzieller Ausstattung hierzulande fehlt. Andere Länder wie Luxemburg, Schweden oder Finnland sind deutlich weiter.
Zum Thema Wolf fordern aber nun
- in Hessen: Ingmar Jung, Minister für Landwirtschaft und Umwelt,
- in Bayern: Thorsten Glauber, Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz,
- in Sachsen: Georg-Ludwig von Breitenbuch, Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft
- und in Berlin: Ute Bonde, Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt.
ein "effektives Bestandsmanagement". Das bedeutet neben der auch in Hessen bereits erfolgten Aufnahme ins Jagdrecht zwar noch einen strengen Schutzstatus nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) der EU. Durch das Bundesnaturschutzgesetz hat er ganzjährig Schonzeit und darf nicht regulär bejagt werden.
Aber trotzdem darf so ein Wildtier "entnommen" werden, wenn es ein Nutztier (tot-)beißt, bzw. ein auffälliges oder gefährliches Verhalten gegenüber Menschen zeigt.
Entnahme beschreibt die "gezielte Entfernung eines einzelnen Wolfes" aus der freien Wildbahn – meistens durch Abschuss, selten auch durch Betäubung und "Verbringung" an einen anderen Ort, wie ein Wildgehege, Tierpark oder einen abgelegenen Lebensraum, wo weniger Konflikte zu erwarten sind.
Das EU-Parlament hat nämlich im Mai 2025 beschlossen, den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzusetzen. So kam Isegrimm ins Jagdrecht, damit vielleicht endlich die "Konflikte mit Nutztierhaltung" weniger werden.
Deren Besitzern wurden zwar Herdenschutzmaßnahmen wie höhere Zäune vorgeschrieben, die werden aber nicht immer wirksam umgesetzt. Und im Fall der Fälle reichen den Tierhaltern die Entschädigungszahlungen selbstverständlich / garantiert / gewiss nicht aus.
Pressemitteilung vom 7. Juli 2025
Länder fordern Feststellung des günstigen Erhaltungszustands beim Wolf
Die Bundesländer Hessen, Bayern, Sachsen und Berlin haben sich mit einem gemeinsamen Schreiben an den Bund gewandt und fordern, dass Deutschland im Rahmen der FFH-Berichtserstattung gegenüber der EU den günstigen Erhaltungszustand des Wolfs offiziell feststellt.
Die Minister und Senatorin der vier Länder betonen, dass die Wolfspopulation in Deutschland mittlerweile eine ausreichende Größe und Verbreitung erreicht hat – mit über 100 fortpflanzungsfähigen Rudeln und Paaren. Dies sei die Voraussetzung für ein effektives Bestandsmanagement, das im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert ist.
Die Länder fordern:
- Die politische Anerkennung der aktuellen Bestandslage
- Die Überführung des Wolfs ins Jagdrecht auf ganzer Ebene
- Die Überarbeitung veralteter Bewertungsmaßstäbe zur Beurteilung des Erhaltungszustands
- Die Umsetzung der EU-Vorgaben nach Absenkung des Schutzstatus im Rahmen der Berner Konvention und FFH-Richtlinie
Die Rückkehr des Wolfs wird als ökologisch wertvoll anerkannt, gleichzeitig betonen die Länder die Notwendigkeit eines sachlichen und verantwortungsvollen Umgangs, insbesondere zum Schutz der Weidetierhaltung.
Quelle: Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt
Eine aktuelle Übersicht zu Wölfen in Hessen liefert uns die KI basierend auf den neuesten Entwicklungen und offiziellen Quellen:
Das Wolfszentrum Hessen (WZH), die zentrale Anlaufstelle für Monitoring, Beratung und Schadensmeldungen, nennt den Bestand:
- 1 Rudel, 1 Paar und 3 territoriale Einzeltiere.
Die Anzahl ist rückläufig, einige Tiere gelten als „verschwunden“ (z. B. im Odenwald und bei Bad Orb).
Mehr auf: https://wolfszentrum.hessen.de
Zahlen und Informationen für Deutschland: www.dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen
Dazu die Pressemitteilung des NABU Hessen vom selben Tag
Guter Erhaltungszustand kann nicht willkürlich festgestellt werden
Der NABU Hessen weist die Forderung des hessischen Umweltministers, in Hessen einen günstigen Erhaltungszustand des Wolfs festzustellen, als „Realitätsklitterung“ zurück: „Bei aktuell nur einer einzigen Wolfsfamilie in ganz Hessen von einem „guten Erhaltungszustand“ zu sprechen, entbehrt jeder fachlichen Grundlage“, so Mark Harthun, Geschäftsführer Naturschutz beim NABU.
Es gebe derzeit in Hessen nur etwa so viele nachgewiesene Wölfe wie Minister!
Der NABU fordert, Entscheidungen über den Abschuss einer geschützten Tierart nur faktenbasiert zu treffen und nicht aus eventuell populistischen Motiven heraus. Eine zunehmende Wolfspopulation im norddeutschen Tiefland dürfe nicht zum Abschuss der wenigen Wölfe im hessischen Mittelgebirge führen. Statt gegen den Wolf zu agieren, sollte das Land Hessen den Herdenschutz in Hessen verbessern. „Wir müssen lernen, mit dem Wolf zu leben“, so Harthun.
Mehr NABU Informationen zum Wolf in Hessen <-KLICK
Quelle: Naturschutzbund (NABU) - Landesverband Hessen e.V.
Auch der BUND ist gegen die Jagd. Seine eindeutige Stellungnahme: HIER <-KLICK
Quelle Zusammenstellung: Brigitta Möllermann, HESSENMAGAZIN.de